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Kartografie der Paranoia Konspiration, Kritik und Imagination in F. J. Degenhardts Brandstellen


Zurück zum Heft: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift 2/2020
DOI: 10.2478/kwg-2020-0078
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In den letzten Jahren vernahm man verstärkt die Diagnose, dass bewährte Formen der Kritik an ihr Ende gekommen seien. Stattdessen scheinen konspirative Narrative in krisenhaften Perioden des sozialen Wandels, in denen politische Zuschreibungen wie epistemische Wirklichkeitskonventionen erodieren, bewährte Argumentationen und Imaginationen der Sozialkritik zu absorbieren: Sie erklären den systemischen Zusammenhang zwischen sozialen Missständen, schaffen einen evidenten Boden für eine neue Politik der Wahrheit und mobilisieren in ihrer alarmierenden Dringlichkeit für die politische Praxis. In der Lektüre von Franz Josef Degenhardts 1975 erschienenen politischen Roman Brandstellen stellt sich der Beitrag die Frage, wie aus Kritik das Gegenteil von Kritik, nämlich ein hermetisches Erklärungsmodell der Paranoia, werden kann. Gleichzeitig entwirft der Roman ein literarisches Programm, das dem der Sozialkritik nicht unähnlich ist. Politische Literatur lässt sich hier in Anlehnung an Fredric Jameson als eineKartografie des Sozialen lesen, die im Modus des Fiktionalen die Verteilung von sozialer Herrschaft neu justiert.