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Heiliges Leiden

Weiblich codierter Masochismus in Dolorosas (alias Maria Eichhorn) Confirmo te chrysmate


Zurück zum Heft: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft Band 69/1
EUR 16,90


Der Aufsatz widmet sich der masochistischen Lyrik des Gedichtbandes Confirmo te chrysmate von Maria Eichhorn, die unter dem Pseudonym Dolorosa zwischen 1900 und 1910 innerhalb der Berliner Bohème eine hohe publizistische Aktivität aufweist und neben ihren künstlerischen Tätigkeiten auch am psychoanalytischen Diskurs über Masochismus mitarbeitet. Ihre Gedichte decouvrieren den Mythos eines bürgerlichen Begehrensmodells, der darauf beruht, dass weiblich codiertes Begehren in der körperlichen wie seelischen Unterwerfung seine Erfüllung fände. Masochistische Anlagen, so zeigt Eichhorns Lyrik auf, sind nicht natürlich weiblich, sondern das Ergebnis einer ritualisierten Initiation des jungen Mädchens in bürgerliche Begehrenspraktiken, in deren Vollzug Leidenspraktiken sexualisierte Gewalt sakralisieren. Christliche Bildspender verklären diese Gewalt, indem sie das Leiden zu einer imitatio der Mater Dolorosa stilisieren. Die radikale Konsequenz liegt nun – wie Eichhorns Lyrik vorführt – darin, dass diese Leidenspraktiken direkt in einem Todesbegehren des Mädchens münden.