Eine aristotelische Theorie der Haltung

Hexis und Euexia in der Antike

Buch

E-Book

Paradeigmata 35. 2016. 348 Seiten.
978-3-7873-3100-0. Gebunden

EUR 68,00

Im Buch blättern

Mit ›Haltung‹ verbindet man in der Regel eine gewisse Unbeugsamkeit gegen die Wechselfälle der Zeit. Der Autor versucht mit Rückgriff auf das antike Konzept der „hexis“, das in den aristotelischen Ethiken als Bestimmung der Tugenden auftritt, Haltung anders, nämlich aus dem Geist der Bewegung zu denken: Haltung hat nichts Starres, sondern verfügt als Instrument der Zeitlichkeit vielmehr über einen subversiven, flexiblen Sinn für den „kairos“ einer Situation. Nur so kann Haltung zum Vermögen werden, Grund des eigenen Handelns zu bleiben.

Haltung antwortet damit auf ein anthropologisches wie politisches Grundproblem: Wie kann es gelingen, als Mitglied einer dynamischen Gemeinschaft weder im Strudel ihrer Bewegungen unterzugehen noch aber völlig aus ihr herauszufallen und zum Einzelgänger zu werden?

Die antike Kulturgeschichte, der in diesem Band kursorisch nachgegangen wird, hat mit den Mitteln der Philosophie, Kunst, Gymnastik und Medizin immer wieder versucht, dieses Problem mit Entwürfen einer exemplarischen ›guten Haltung‹ (euexia) verbindlich zu beantworten. Diese Verbindlichkeit zu hinterfragen, gehört aber selbst zum Vermögen von Haltung, die damit auf entschiedene Weise kritisch wird.

| Kapitel kaufen Cover
| Kapitel kaufen Inhaltsverzeichnis5
| Kapitel kaufen Prolog9
| Kapitel kaufen 1. Vom Haltungsverlust9
| Kapitel kaufen 2. Was ist Haltung? Ein Vorblick15
| Kapitel kaufen 1. Einleitung21
| Kapitel kaufen 1.1 Habitus hecticus21
| Kapitel kaufen 1.2 Zur Herangehensweise: Konzepte statt Begriffe24
| Kapitel kaufen 1.3 Erste Lesarten der hexis31
| Kapitel kaufen 1.4 Thesen – Der Streit zweier Idealitäten35
| Kapitel kaufen 1.5 Stand der Dinge40
| Kapitel kaufen 1.6 Das Dazwischen42
| Kapitel kaufen I. HEXIS47
| Kapitel kaufen 2. Ethik als Kinematik49
| Kapitel kaufen 2.1 Ein Instrument der Zeitlichkeit50
| Kapitel kaufen 2.2 Die Macht der Gewöhnung – nicht: der Gewohnheit58
| Kapitel kaufen 2.3 Eine Sozialität der Bewegten: Tugend als Gewitztheit67
| Kapitel kaufen 3. Pathosfähigkeit72
| Kapitel kaufen 3.1 Werden und Vergehen73
| Kapitel kaufen 3.2 Indifferenz – Exkurs und einige Spekulationen zu einer Ontologie des Akzidentellen83
| Kapitel kaufen 3.3 Destruktive Plastizität als Immanenz der Form89
| Kapitel kaufen 4. Megalopsychia – Eine beispielhafte Haltung96
| Kapitel kaufen 4.1 Zeit, zu einem Beispiel zu kommen97
| Kapitel kaufen 4.2 Haltung als Kippbild105
| Kapitel kaufen 4.3 Die Grenzen der Ethopoietik115
| Kapitel kaufen 5. Zwei abschließende Lehren zur Öffentlichkeit von Haltungen118
| Kapitel kaufen 5.1 Die Konstruktion »Schöner Stellen«119
| Kapitel kaufen 5.2 Ausschluss des Paradigmatischen – Dekonstruktion des ergon133
| Kapitel kaufen 6. Die Freiheit der Ungenauigkeit – Eine Theorie, die zu ihrem Urheber passt144
| Kapitel kaufen II. EUEXIA149
| Kapitel kaufen 7. Vom Monolog zur Haltung – Formen der Selbstdarstellung155
| Kapitel kaufen 7.1 Rhetorik des Herzens155
| Kapitel kaufen 7.2 »Nichts ist mir so unähnlich wie ich selbst.« – Haltung als Kosmetik169
| Kapitel kaufen 8. Antiker Sport und sein Verhältnis zur Plastik175
| Kapitel kaufen 8.1 Das wahre Gute im guten Leben175
| Kapitel kaufen 8.2 Gymnastische Propädeutik182
| Kapitel kaufen 9. Die Kunst der Annäherung durch Übertreibung: Haltung in der antiken Plastik193
| Kapitel kaufen 9.1 Antike Sportkritik als Kunstkritik193
| Kapitel kaufen 9.2 Mentalitá pitagorica198
| Kapitel kaufen 9.3 Kontrapost: Die hexis des sich-lachend-schämenden Halbwesens201
| Kapitel kaufen 9.4 Der polykleitische Kopf – Zum kanonischen meson der Gerechtigkeit208
| Kapitel kaufen 9.5 To kalon – Das Lysippische Nachspiel übernatürlicher Schönheit219
| Kapitel kaufen 10. Wahnsinn und Methode – Haltung in Medizin und Phänomenologie226
| Kapitel kaufen 10.1 Wiederbelebungsversuche: Hexis und die antike Medizin227
| Kapitel kaufen 10.2 Eine leider vergebliche medizinische Intervention gegen die Philosophie233
| Kapitel kaufen 10.3 Doppelte aisthêsis – Zwischen Empfindsamkeit und Empfindlichkeit240
| Kapitel kaufen 10.4 Haltung zwischen Phänomenologie und Psychiatrie246
| Kapitel kaufen 11. Fall sein – Haltung und Identifizierung250
| Kapitel kaufen 11.1 »Fassung ist, was man verliert, wenn man die Fassung verliert.«250
| Kapitel kaufen 11.2 Das Spiel der Identifizierung als symbolische Interaktion – Jürg Zutt: Innere Haltung255
| Kapitel kaufen 11.3 Identifizierung264
| Kapitel kaufen 12. Euexia als philosophische Haltung270
| Kapitel kaufen 12.1 Vom Zwiespalt – Aristotelische hexis oder Schmitz’sche Fassung270
| Kapitel kaufen 12.2 Spielraum als Heimat-Idylle275
| Kapitel kaufen 12.3 Kommt ein Phänomenologe zum Arzt …278
| Kapitel kaufen 13. Bios theôrêtikos – Tugend ohne Haltung287
| Kapitel kaufen 13.1 Ethos als ästhetischer Erlebnisbereich287
| Kapitel kaufen 13.2 Bios theôrêtikos als Ästhetik der Existenz290
| Kapitel kaufen 13.3 Kritik des bios theôrêtikos295
| Kapitel kaufen III. AUSBLICK: NACH DER HALTUNG301
| Kapitel kaufen 14. Nach der Haltung: Für eine Philosophie des Habens303
| Kapitel kaufen 14.1 Ktêsis und chrêsis – Besitzen und Gebrauchen304
| Kapitel kaufen 14.2 Logik des Habens309
| Kapitel kaufen 14.3 Melancholie und Glück der Erschöpfung323
| Kapitel kaufen Epilog: Freund und Feind328
| Kapitel kaufen Anhang337
| Kapitel kaufen Bibliographie337
| Kapitel kaufen Bildnachweis347

"Wüschners Werk bietet in überaus anregender Weise die Formulierung einer an Aristoteles orientierten Haltungs-Theorie, die insbesondere ethische wie subjekttheoretische Überlegungen befruchten wird. Die Perspektiven, die aufgemacht werden, sind zumeist gehaltvoll und zeugen von echtem sachlichen Interesse. Das Buch verdient es ohne Zweifel, zahlreiche Leser zu finden. Wer sich über Haltung fundiert informieren will, muss zu diesem Titel greifen." Steffen Kluck, Philosophischer Literaturanzeiger 70 / 4 / 2017