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Ekphratische Schichtarbeit und die Ikonoklasmen der Übermalung in Heiner Müllers Bildbeschreibung


Zurück zum Heft: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft Band 61. Heft 1
DOI: https://doi.org/10.28937/1000106274
EUR 14,90


Das als poetisches Prosanarrativ verfasste Autodrama Bildbeschreibung (1984) von Heiner Müller kann als Respons auf Entwicklungen eines postdramatischen Bilder- und Medientheaters gelesen werden. Im Œuvre des Theaterautors Müller nimmt es einen zentralen intermedialen Stellenwert als performativer Seh-Text ein. Unter bildästhetischen Gesichtspunkten analysiert der Artikel, wie Bildbeschreibung die klassische Tradition der Ekphrasis adaptiert, um sie »überschreibend« zu transformieren. Die literarische Form und konkrete schriftstellerische Aktivität der Bildbeschreibung wird als ein intermedialer Übersetzungsprozess vorgestellt, bei dem das beschriebene Bild – eine Bühnenbildzeichnung – zunehmend mit Schrift bedeckt und somit schichtenweise »übermalt« wird. In einem close reading des geschriebenen (nicht inszenierten) Dramentextes werden die mehrschichtigen Verflechtungen zwischen Beschreibung, Betrachtung und Beobachtung im Detail dargelegt. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem poetischen Verfahren der Übermalung als ikonoklastische Kollisionsbewegung zwischen Bildern – literarischen Bildern, Theaterbildern, Filmbildern und Kunstbildern. Am Ende steht die These, dass es sich bei Heiner Müllers Übermalungen in Bildbeschreibung um eine bildkritische Strategie des performativen Ikonoklasmus handelt, durch die einerseits der Surrogat- und Inszenierungscharakter von Bildern durchkreuzt, andererseits die Produktivkraft der imaginatio als ungebundener und unkontrollierter Bilderstrom freigesetzt werden soll.

The auto-drama Bildbeschreibung (1984), written by Heiner Müller in the form of a poetic prose, can be read as a response to the emergence of a post-dramatic theater of images and media. In the work of the playwright Müller, it plays a key role as a performance-related Sehtext (viewing text). Under the agenda of image aesthetics, the article explores how the theater text Bildbeschreibung adopts the classical tradition of ekphrasis in order to transform it by transcription. It discusses the literary form and activity of image description as a process of intermedial translation through which the described picture – a drawing of a stage setting – is continuously covered with writing and this way “overpainted” in layers. In a close reading of the written (not staged) dramatic text the multilayered entanglements between description, viewing and observation are exposed. A special focus is drawn on the poetic method of over- painting(Übermalung) as an iconoclastic collision between images – literary images, theater images, film images, and artistic images. The article conclusively argues that Heiner Müller’s overpaintings (Übermalungen) can be qualified as an image-critical strategy of performative iconoclasm by means of which the surrogate function and staging character of images can be crossed and suspended, but also the productive power of imaginatio as a free and uncontrolled stream of images can be activated.