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Dienst der Dichtung. Zur Moral der Poetik im Umfeld von Gottscheds Critischer Dichtkunst


Zurück zum Heft: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft Band 67. Heft 1
DOI: 10.28937/9783787343089_2
EUR 16,90


Dichtung funktional als Medium moralischer Erziehung zu konzeptualisieren, gehört zweifelsohne zu den Kernanliegen der deutschen Aufklärungspoetik. So umfassend dieser historisch spezifische Nexus von Literatur und Moral(-didaktik)
unter sozialgeschichtlichen sowie kulturtheoretischen Blickwinkeln bisher rekonstruiert wurde, so ungeklärt bleiben nach wie vor viele der allgemeineren ästhetisch-poetologischen Implikationen und Probleme dieses vordergründig harmonischen,
tatsächlich aber prekären Zweckbündnisses. So weist dieser Aufsatz am Beispiel von Gottscheds Critischer Dichtkunst und dem Trauerspiel Agis, König zu Sparta eine irreduzible Spannung von dichterischer Fülle und moralischer Komplexitätsreduktion
nach, die das Projekt einer literarisch vermittelten Sittenlehre zu einem aporetischen Unterfangen geraten lässt. Denn während sich diese Polarität zwar theoretisch noch – notdürftig – über die Konzepte der anschauenden Erkenntnis und der Exemplarizität vermitteln und in ein Evidenzversprechen umformulieren lässt, offenbart Gottscheds Tragödienschaffen die praktischen Schwierigkeiten einer moralischen Literatur, die ästhetische Komplexität im selben Zug immer schon produzieren und aufheben muss.