Christian Jany
Zeit und Nichtigkeit (Kant, Hegel, Novalis)
Den Ausgangspunkt dieses Essays bildet die bereits von Augustinus vertretene Auffassung,dass die Zeit nichtig sei, also weder Gestalt noch Wesen an sich besitze.Kant, Hegel und Novalis teilen diese negative Zeitauffassung, gehen aber unterschiedlichdamit um: Kant mobilisiert den »Schematismus des Verstandes«, umdie formlose Form der Zeit zu bestimmen. Hegel macht aus der Not eine Tugendund erklärt die Vollzugsform der Zeit – Negation – zum Inbegriff aller Dinge,die erst im begrifflichen Wissen zur Ruhe kommt. Novalis schließlich leitet ausder ursprünglichen Unförmigkeit der Zeit den schönen Auftrag ab, sie sei mit denMitteln der Poesie zu bilden und geschichtlich zu gestalten. Von Bergsons Begriffder Dauer ausgehend, werfe ich abschließend die Frage auf, ob letztlich nicht jedePoetik der Zeit von ihrer Nichtigkeit ausgeht. Den theoretischen Horizont desGanzen bilden aktuelle Debatten über die Zeitlichkeit ästhetischer Formen unddie ästhetische Formung der Zeit gleichermaßen.
The belief that time has neither form nor substance and is therefore nothing in itself is the startingpoint of this essay. Kant, Hegel, and Novalis share this negative concept of time, thoughthey each approach it differently. Kant mobilizes the »schematism of the understanding« inorder to positively define the formless form of time. Hegel turns the problem upside down byidentifying negation with the process of time, which cannot rest until it has become conceptualknowledge. Novalis infers an aesthetic task from the shapelessness of time, namely, the task ofshaping time through poetic storytelling. Interrogating Bergson’s positive concept of time, andwith reference to current discussions on the temporality of aesthetic forms, I finally examinewhether a poetics of time generally presupposes a negative concept of time.
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227
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247
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267
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343