Fehler gefunden?
Erweiterte Suche
English Deutsch

»Das Anschauen ist eine so wunderbare Sache, von der wir noch so wenig wissen« – Szenographien des Schauens beim mittleren Rilke


Zurück zum Heft: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft Band 59. Heft 1
DOI: https://doi.org/10.28937/1000106236
EUR 14,90


Die Schrift behandelt die Ästhetik des Schauens beim mittleren Rilke. Dazu werden Darstellungen von Szenen visueller Wahrnehmung aus jener Periode genauer untersucht. Nach der Sichtung von einschlägiger Sekundärliteratur und einigen Begriffserklärungen dienen vor allem ein gewisser Brief, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge und Archaïscher Torso Apollos als repräsentative Untersuchungsgegenstände. Aus ihnen ergibt sich die Grundthese: Das Schauen vollzieht sich als ein wechselseitiger Austausch von »Eindrücken«, zugleich als merkwürdig ortloses Zusammenspiel von Blicken, das die Szene destabilisiert. Der Hauptteil entfaltet diese These zunächst durch die Betrachtung der Funktion der Angst innerhalb dieser Prozedur, wodurch sich eine typische Hierarchie der Rilkeschen Schau-Szenen angeben lässt. Danach ruht der Blick auf der Nachträglichkeit des Schauens in Archaïscher Torso, wodurch sich die Temporalität jener Szenen bestimmen lässt. Tatsächlich aktivieren all diese Aspekte Grundprobleme der Ästhetik sowie der Wahrnehmungsphilosophie. Aufgrund der Anlage der Schrift können diese theoretischen Probleme allerdings nur indirekt und auf exemplarische Weise angegangen werden.

This essay discusses the aesthetics of looking in Rilke’s middle period. To that end, it inquires into scenes of visual perception as represented by texts from that period. After a review of pertinent critical positions and a few terminological clarifications, a certain letter, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, and Archaïscher Torso Apollos serve above all as representative objects of inquiry. The general hypothesis is that looking proceeds here according to a reciprocal exchange of »imprints,« at the same time as a strangely displaced interplay of looks that destabilizes the scene. The main part unfolds this hypothesis by first considering the function of anxiety in this procedure, thus detailing the typical hierarchy of a Rilkean scene of looking. Subsequently, the focus lies on the Nachträglichkeit of looking in Archaïscher Torso, thus describing more closely the temporality of these scenes. All these aspects in fact invoke basic problems of both aesthetic theory and the philosophy of perception. Due to its design, however, the essay can address these theoretical problems only in an indirect and exemplary fashion.