Die Tradition der Metaphysik, auf die sich die Neuzeit bezieht verdankt ihre Physiognomie den systematischen Ansätzen, die den nach Aristoteles „zweiten“ Anfang der Metaphysik im 13. Jhd. Bestimmen. Der Zusammenhang, der die mittelalterliche Metaphysik mit der neuzeitlichen Metaphysik und Metaphysikkritik verbindet, ist jedoch immer noch zu wenig erforscht. Die vorliegende Untersuchung greift den einflußreichsten der mittelalterlichen Ansätze, den des Johannes Duns Scotus, auf und verfolgt seine Rezeption und Transformation über Francisco Suárez und Christian Wolff zu Immanuel Kant und Charles Sanders Peirce. Nach Duns Scotus ist Metaphysik als Wissenschaft vom Seienden als Seienden nur dann möglich, wenn man sie nicht als Wissenschaft vom ersten ausgezeichneten Seienden, sondern als Wissenschaft vom ersterkannten Begriff des Seienden versteht. Da dieser Begriff nur im Rückgang auf die Voraussetzungen unserer kategorialen Prädikate erfaßt und nur im Durchgang durch seine modalen Bestimmungen entfaltet werden kann, faßt Scotus Metaphysik strikt als „Transzendentalwissenschaft“ (scientia transcendens) und ordnet ihr als Inhalt die formalmodale Bestimmung und Explikation der „ratio entis“ zu. Die Erkenntnis des unendlichen Seienden ist Teil dieser Explikation und nur als solche möglich. Die neuzeitliche Gestalt der Metaphysik, die sich auf der bisher meist herangezogenen Folie der Metaphysik des Thomas von Aquin als Traditionsbruch darstellt, erweist sich im Blick auf das Konzept des Scotus als Resultat einer kritischen Transformation.
- | Kapitel kaufen CoverU1
- | Kapitel kaufen InhaltsverzeichnisV
- | Kapitel kaufen EinleitungIX
- | Kapitel kaufen Erster Teil: Metaphysik als scientia transcendens: Die Bestimmung der Seiendheit als non repugnantia ad esse bei Duns Scotus3
- | Kapitel kaufen I. Seiendheit - Möglichkeit - Wirklichkeit3
- | Kapitel kaufen 1. Die verschiedenen Bedeutungen von »Seiend« (ens)3
- | Kapitel kaufen 2. Die Zurückführung des »Seienden« auf seine Möglichkeit11
- | Kapitel kaufen 3. Die Zurückführung der metaphysischen Möglichkeit auf das esse intelligibile der göttlichen Erkenntnisgegenstände22
- | Kapitel kaufen 4. Die ontologische Deutung des esse intelligibile der göttlichen Erkenntnisgegenstände: Die Auseinandersetzung mit Heinrich von Gent31
- | Kapitel kaufen 5. Die doppelte ratitudo des »Seienden« seiner Möglichkeit und seiner Wirklichkeit nach45
- | Kapitel kaufen II. Das »Seiende« in den Modi von Kontingenz und Notwendigkeit56
- | Kapitel kaufen 1. Die non repugnantia ad esse und ihr Verhältnis zu Möglichkeit und Notwendigkeit56
- | Kapitel kaufen 2. Die Zurückführung der Kontingenz auf das esse volitum des von Gott gewollten Endlichen74
- | Kapitel kaufen a) Die Frage nach dem Ursprung der Kontingenz der veränderlichen Seienden: Die Auseinandersetzung mit dem Nezessitarismus der »philosophi«74
- | Kapitel kaufen b) Die Kausalität der ersten Ursache ad extra: Der göttliche Wille als Ursprung der Kontingenz82
- | Kapitel kaufen c) Der Hervorgang der Dinge aus Gott: Der Zusammenhang von Notwendigkeit und Kontingenz94
- | Kapitel kaufen 3. Die Möglichkeit von Metaphysik angesichts von Kontingenz und Notwendigkeit100
- | Kapitel kaufen III. Das »Seiende« in den Modi von Endlichkeit und Unendlichkeit108
- | Kapitel kaufen 1. Das »Seiende« und die Bestimmungen endlich - unendlich108
- | Kapitel kaufen 2. Das endliche Seiende122
- | Kapitel kaufen 3. Wesen und Existenz: Das wirkliche Seiende als Identität von esse essentiae und esse existentiae140
- | Kapitel kaufen 4. Das unendliche Seiende158
- | Kapitel kaufen a) Die Erkennbarkeit des unendlichen Seienden: Metaphysik als »Wissenschaft von Gott«158
- | Kapitel kaufen b) Der Beweis eines ersten Seienden167
- | Kapitel kaufen c) Der Beweis eines unendlichen Seienden182
- | Kapitel kaufen Zweiter Teil: Die Systematisierung der Metaphysik: Die Deutung der Seiendheit als aptitudo intrinseca bei Francisco Suarez200
- | Kapitel kaufen I. Ens in quantum ens reale: Das »Seiende« als Gegenstand der Metaphysik200
- | Kapitel kaufen 1. Die Bedeutung der Disputationes metaphysicae für die Vermittlung der mittelalterlichen Metaphysiktradition an die Metaphysik der Neuzeit200
- | Kapitel kaufen 2. Gegenstand, Ziel und Methode der Metaphysik205
- | Kapitel kaufen II. Der Begriff des Seienden214
- | Kapitel kaufen 1. Formaler und objektiver Begriff215
- | Kapitel kaufen 2. Der formale Begriff des Seienden: Einheit und Struktur217
- | Kapitel kaufen 3. Der objektive Begriff des »Seienden«: Die Einheit der ratio entis222
- | Kapitel kaufen 4. Die Auseinandersetzung mit Scotus (I): Die Frage nach der Unterschiedenheit der ratio entis229
- | Kapitel kaufen 5. Die Explikation der Bedeutung von »Seiendem«: »ens« als »id quod aptum est ad existendum«235
- | Kapitel kaufen 6. Die Auseinandersetzung mit Scotus (II): Das Problem der kontrahierenden Differenz240
- | Kapitel kaufen III. Die modale Explikation des »Seienden«VI
- | Kapitel kaufen 1. Die Bedeutung der modalen Explikation für die Erhellung der ratio entis247
- | Kapitel kaufen 2. Endlichkeit und Unendlichkeit248
- | Kapitel kaufen 3. Wesenheit und Möglichkeit255
- | Kapitel kaufen a) Die Frage nach dem ontologischen Status: Die Wesenheit als »ens in potentia«256
- | Kapitel kaufen b) Mögliche Wesenheit und göttliche Idee: Die non repugnantia essendi260
- | Kapitel kaufen c) Die ewige Wahrheit der Wesensaussagen: Das eidetische »ex se«266
- | Kapitel kaufen 4. Wesenheit und Existenz272
- | Kapitel kaufen 5. Univokation oder Analogie der ratio entis282
- | Kapitel kaufen Dritter Teil: Metaphysik als Ontologie: Die Explikation der Seiendheit als non contradictio bei Christian Wolff295
- | Kapitel kaufen I. Chr. Wolffs Erneuerung der Metaphysik295
- | Kapitel kaufen 1. Die Vermittlung der scholastischen Metaphysik durch Wolffs Ontologie295
- | Kapitel kaufen 2. Ontologie als Wissenschaft: Gegenstand und Methode der Metaphysik298
- | Kapitel kaufen a) Wissenschaft und wissenschaftliche Methode301
- | Kapitel kaufen b) Begriff und Definition303
- | Kapitel kaufen c) Philosophie und Ontologie311
- | Kapitel kaufen 3. Wolff - Suarez - Scotus317
- | Kapitel kaufen II. Der Begriff des Seienden: Widerspruchsfreiheit - Möglichkeit - Seiendheit326
- | Kapitel kaufen 1. Die Prinzipien des Widerspruches und des zureichenden Grundes als Voraussetzungen der Explikation des »Seienden«327
- | Kapitel kaufen 2. Möglichkeit, Nichtrepugnanz, BestimmtheitVII
- | Kapitel kaufen 3. Die Explikation der Bedeutung von »Seiendem«: »ens« als »id, cui existentia non repugnat«341
- | Kapitel kaufen III. Die modale Explikation des »Seienden«348
- | Kapitel kaufen 1. Die »evolutio notionis entis«: Wesenheit und Existenz348
- | Kapitel kaufen a) Die Wesenheit als ontologisches Prinzip350
- | Kapitel kaufen b) Die Wesenheit als göttliche Idee und als transzendentale Wahrheit354
- | Kapitel kaufen c) Die Existenz als »complementum possibilitatis«363
- | Kapitel kaufen 2. Kontingenz und Notwendigkeit371
- | Kapitel kaufen 3. Endlichkeit und Unendlichkeit376
- | Kapitel kaufen Vierter Teil: Metaphysik als theory of reality: Die Bestimmung der Realität als Gegenstand der definite opinion bei Charles S. Peirce382
- | Kapitel kaufen I. Die Frage nach der Metaphysik382
- | Kapitel kaufen II. Der Begriff der Realität384
- | Kapitel kaufen 1. Die Realität des Allgemeinen als Bedingung der Möglichkeit von Wissenschaft384
- | Kapitel kaufen 2. Die Erkenntnis des Allgemeinen als repräsentierende Vermittlung386
- | Kapitel kaufen 3. Realität als Gegenstand der definite opinionVII
- | Kapitel kaufen III. Das Verständnis von »Seiendem« (being)396
- | Kapitel kaufen Schluß403
- | Kapitel kaufen I. Metaphysik als scientia transcendens: Das gemeinsame Grundkonzept403
- | Kapitel kaufen II. Die formale Bestimmung von Seiendheit und Realität421
- | Kapitel kaufen 1. Die Unterscheidung des Seienden vom Nichtseienden422
- | Kapitel kaufen 2. Die Explikation des Seienden durch die Möglichkeit des Wesens430
- | Kapitel kaufen a) Scotus - Suarez - Wolff430
- | Kapitel kaufen b) Kant - Peirce443
- | Kapitel kaufen 3. Der Bezug des Seienden auf die Existenz463
- | Kapitel kaufen 4. Die Deutung des Seienden als intensiver Größe472
- | Kapitel kaufen Abkürzungsverzeichnis487
- | Kapitel kaufen Verzeichnis der zitierten Literatur489
- | Kapitel kaufen Verzeichnis der zitierten Stellen aus den Werken von Johannes Duns Scotus - Francisco Suarez - Christian Wolff - Immanuel Kant - Charles Sanders Peirce516
- | Kapitel kaufen Namenverzeichnis535
- | Kapitel kaufen Sachverzeichnis543
»Comme cette simple évocation des matières, même réduite à l'essentiel, permettra au lecteur de le constater, l'ouvrage monumental de Honnefelder présente un nouveau pas dans la connaissance de la métaphysique de Duns Scot.«
Camille Bérubé, Collectanea Franciscana 60/1990
»Dem V[erfasser] ist es in seinem neuen Buch gelungen, in einer weiten Perspektive eine lange philosophiegeschichtliche Entwicklung aufzuzeigen, ohne die Details zu vernachlässigen, deren Vielfalt diese Besprechung nicht sichtbar machen kann.«
Hans-Joachim Werner, Zeitschrift für philosophische Forschung 46/1992/1
»Auf jeden Fall stellt die Bestimmung der Scientia transcendens, gesehen aus dem Blickwinkel der Metaphysik des neuzeitlichen Rationalismus, einen wertvollen Interpretationshorizont auch für Duns Scotus dar.«
Bernhard Irrgang, Philosophischer Literaturanzeiger 45/1992/3
»Honnefelders Arbeit ist im ganzen gesehen eine gelungene, präzise und überzeugende Darstellung nicht nur der Geschichte der Voraussetzung der Transzendentalphilosophie Kants, sondern auch ein neue Perspektiven eröffnender Beitrag zu den Möglichkeiten von Metaphysik unter den Bedingungen gegenwärtigen Philosophierens.«
Jakob Hans Josef Schneider, Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 98–92/1994
»Honnefelders imposante studie […] is een inspirirende bijdrage tot de vraag naar de ›actualiteit‹ van de middeleeuwse metafysica.«
Jan A. Aertsen,Tijdschrift voor Filosofie 55/1993/3
»Honnefelders Verdienst für die Kantforschung besteht in seinen weiter als üblich in die Vorgeschichte zurückgreifenden Hinweisen.«
Norbert Fischer, Kant-Studien 1998