Wolffs »Disquisitio philosophica de loquela« entstand 1703 als akademische Zweckschrift, spricht aber eine große Vielzahl an Themen an, die einen lebendigen Eindruck von den Diskussionen und dem wissenschaftlichen Aufbruch zu Beginn des 18. Jahrhunderts vermitteln. Für Wolff ist unsere Sprache ein vom Geist geschaffenes Zeichensystem zur Mitteilung von Gedanken. Menschliche Kommunikation erfordert leiblich-seelische Wechselwirkungen und stellt deshalb Cartesianer vor Probleme, die Wolff occasionalistisch löst. Er prüft die Verwendbarkeit von Sinnesqualitäten für Sprachen und beschreibt Stimmbildungs- und Stimmartikulationsorgane sowie den Weg der Wörter ins Gehirn des Hörers, in dem körperliche Impressionen seelische Perzeptionen auslösen, ferner das Sprechenlernen durch Assoziation und die Darstellung von Begriffen durch Wörter für Wahrgenommenes. In seiner Skizze einer vernünftigen Grammatik zeigt er, dass gutes Sprechen und Algebra die gleichen Regeln für den Einsatz von Zeichen befolgen.
Wolffs Darstellung ist vielseitig; er äußert sich über Mathesis universalis, Geheimsprachen, Fernmeldevorrichtungen, künstliche Spracherzeugung, Schäden an Sprechorganen und Taubstummenunterricht. Als Vorbilder dienen ihm die großen französischen Grammatiken, auch verweist er gern auf die bei Hörern beliebten physikalischen Diskussionen europäischer Wissenschaftler und auf Schriften von Schülern Athanasius Kirchers – damals sowohl popular science als auch science fiction.
Das Besondere an dieser Ausgabe ist der dialogische Kommentar Rainer Spechts: Weil heutige Leser viele Anspielungen nicht mehr verstehen, folgt auf jeden Paragraphen ein lebendig geschriebener Sachkommentar, der den historischen und philosophischen Kontext erläutert; zur Erstorientierung sind Kurzbiographien beigefügt.
- | Kapitel kaufen Cover
1
- | Kapitel kaufen ImpressumIV
- | Kapitel kaufen InhaltVII
- | Kapitel kaufen VorwortXIII
- | Kapitel kaufen Einleitung: Der junge Wolff in Breslau, Jena und LeipzigXIX
- | Kapitel kaufen I. Definition der Sprache, die ein Erzeugnis des Geistes ist. Gattungen der Gedanken und Gattungen der Zeichen für sie. Anforderungen an sprachliche Zeichen für Gedanken9
- | Kapitel kaufen §1 Definition von Sprache9
- | Kapitel kaufen §2 Rechtfertigung der Definition28
- | Kapitel kaufen §3 Denken und Ausdehnung sind inkommensurabel32
- | Kapitel kaufen §4 Die Definition, nach der der Geist sich alles dessen bewusst ist, was in ihm geschieht, ist nicht hinreichend40
- | Kapitel kaufen §5 Die apriorische Herleitung der Gattungen der Gedanken aus dem Begriff des Geistes wäre aufwendig, denn ein genetischer Begriff des Geistes schließt den Begriff des Schöpfers ein50
- | Kapitel kaufen §6 Empirische Ermittlung der Gattungen der Gedanken53
- | Kapitel kaufen §7 Definition von Zeichen58
- | Kapitel kaufen §8 Bei einem Vergleich der Kalkülsprache Algebra mit der natürlichen Sprache ergeben sich drei Anforderungen an sprachliche Zeichen61
- | Kapitel kaufen §9 Gattungen sprachlicher Zeichen68
- | Kapitel kaufen §10 Zusätzliche Anforderung: Sprachliche Zeichen müssen kurz und leicht zu bilden sein70
- | Kapitel kaufen II. Occasionalistische Theorie des Sprechens75
- | Kapitel kaufen §11 Kann ein Mensch auf den Geist eines anderen Menschen einwirken?75
- | Kapitel kaufen §12 Ein Vergleich des Geistbegriffs mit dem Gottesbegriff zeigt, dass Sein und Tätigkeit von Geistern und insbesondere ihre Einwirkungen auf andere Geister allein von Gottes Willen abhängen93
- | Kapitel kaufen §13 Bei Menschen bewirkt nicht wie bei Engeln bereits der bloße Wille zu kommunizieren die Kommunikation110
- | Kapitel kaufen §14 Einwirkungen von Körpern auf Körper113
- | Kapitel kaufen §15 Einwirkungen von Geistern auf Körper115
- | Kapitel kaufen §16 Sensorische Körper-Geist-Wirkungen122
- | Kapitel kaufen §17 Die Weise der Vereinigung von Geist und Körper macht Kommunikation zwischen Menschen durch Vermittlung der Sensorien des Körpers erforderlich und möglich126
- | Kapitel kaufen §18 Anforderungen an Sinnesqualitäten, die als Kommunikationsmittel dienen sollen131
- | Kapitel kaufen III. Eignung der einzelnen Sinnesqualitäten zu Mitteln sprachlicher Kommunikation135
- | Kapitel kaufen §19 Geschmäcke und Gerüche kommen als Zeichen einer gewöhnlichen Sprache nicht in Frage, man kann sie aber zu heimlichen Mitteilungen verwenden135
- | Kapitel kaufen §20 Tastbare Qualitäten kommen als Zeichen einer gewöhnlichen Sprache nicht in Frage, eignen sich aber zur Verwendung in Geheimsprachen143
- | Kapitel kaufen §21 Visuelle Qualitäten kommen als Zeichen für eine gewöhnliche Sprache nicht in Frage, doch lassen sich aus ihnen besonders viele Geheimsprachen konstruieren146
- | Kapitel kaufen §22 Jetzt bleiben nur noch Qualitäten des Gehörs als praktikable Zeichen einer gewöhnlichen Sprache übrig161
- | Kapitel kaufen IV. Erzeugung und Artikulation stimmhafter Laute163
- | Kapitel kaufen §23 Mittelbare und unmittelbare Stimmbildungsorgane und Stimmartikulationsorgane163
- | Kapitel kaufen §24 Entstehung stimmhafter Laute166
- | Kapitel kaufen §25 Modifikation stimmhafter Laute172
- | Kapitel kaufen §26 Schäden an Stimmbildungs- und Stimmartikulationsorganen180
- | Kapitel kaufen V. Der Weg vom Sprechen zum Verstehen187
- | Kapitel kaufen §27 Der Weg der Wörter vom Sprecher zum Hörer187
- | Kapitel kaufen §28 Der Weg der Wörter vom Ohr des Hörers bis zu dessen Verstand195
- | Kapitel kaufen §29 Sprechen und Sprechenlernen199
- | Kapitel kaufen VI. Wörter bezeichnen ursprünglich Perzeptionen205
- | Kapitel kaufen §30 Wörter bezeichnen ursprünglich Perzeptionen, die man in Realdefinitionen nicht verwenden kann205
- | Kapitel kaufen §31 Zusammenarbeit von Sinnen und Verstand209
- | Kapitel kaufen §32 Die Sprache kann Begriffe durch Wörter für Perzeptionen übermitteln218
- | Kapitel kaufen §33 Taube können keine Perzeptionen akustischer Phänomene bekommen. Abhilfe224
- | Kapitel kaufen §34 Perzeptionen bekommt man nur durch Wahrnehmung. Sie lassen sich nicht verbal definieren238
- | Kapitel kaufen VII. Nachweis, dass die Sprache die in §9 aufgestellten Bedingungen erfüllt243
- | Kapitel kaufen §35 Nachweis einer bestimmten Analogie zwischen Sprache und Algebra unter Berücksichtigung der vernünftigen Grammatik243
- | Kapitel kaufen VIII. Schlussüberlegungen271
- | Kapitel kaufen §36 Kann jemand, der schon eine Sprache gelernt hat, noch ohne Wörter denken?271
- | Kapitel kaufen §37 Lässt sich Sprache maschinell erzeugen?274
- | Kapitel kaufen §38 Nutzen und Zweck der Sprache281
- | Kapitel kaufen Epilog: Wie Wolff aufhört, Occasionalist zu sein283
- | Kapitel kaufen Disquisitio philosophica de loquela295
- | Kapitel kaufen Zum Text der beiden Auflagen von De loquela327
- | Kapitel kaufen Kurzbiographien331
- | Kapitel kaufen Bibliographie355
- | Kapitel kaufen Personenregister371
- | Kapitel kaufen Sachregister374
- | Kapitel kaufen Dank388
- | Kapitel kaufen Internetadressen der benutzten digitalisierten Werke389