Die in Faszikel XIX,4 vorgelegten zwölf Sermones wurden in dichter Folge zwischen dem Michaelistag und dem vierten Adventssonntag des Jahres 1456 in Brixen verfaßt. Die Eingangspredigt CCXLVI wie auch die letzte, CCLVII, sind beredte Zeugen der Lektürepraxis des Cusanus und seiner hochentwickelten Auslegungstechnik, die theologische Themen und liturgischen Kanon kunstvoll mit traditionellem philosophischen Gedankengut zu verknüpfen und ineinander zu weben weiß.
Eine Vielzahl der übrigen Sermones zeigt thematische Verknüpfungen und läßt erkennen, wie sehr die cusanische Predigttätigkeit von seinem momentan vorherrschenden Erkenntnisinteresse beeinflußt und nicht selten auch ein historischer Anlass Impulsgeber für die thematische Richtung eines Sermo war. So beinhaltet die Predigt CCXLVIII, die gleich zu Anfang explizit Bezug auf den Kreuzzug gegen die Türken nimmt, die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Komplex der Tugenden (virtutes), vornehmlich mit der Gerechtigkeit, einem Thema, das sich bereits in CCXLVII ankündigt, auf subtile Weise den umfangreichen Sermo CCXLIX prägt, in CCLI nachklingt, um dann noch einmal im ersten Teil der Predigt CCLIV am Beispiel der Geduld (patientia) in den Vordergrund zu treten.