Die Lehre von der Mitte

Das Mula-madhyamaka-karika (Die Lehre von der Mitte) ist das Hauptwerk des Nagarjuna. Es ist im ursprünglichen Sanskrit, dann auch in tibetischer und chinesischer Fassung überliefert worden. Die Sanskrit- und die tibetische Version ist in einen umfangreichen Kommentar des Candrakirti (ca. 600 - 650 n. Chr.) eingebettet, die chinesische Übersetzung des Kumarajiva (344 - 413 n. Chr.) in einen ebenso umfangreichen Kommentar des Pingala (spätes 3. bis frühes 4. Jh.), die beide für die Aufnahme in Indien und im weiteren Asien maßgeblich wurden. An sie schließt daher auch das Verständnis dieses Grundtextes des Mahayana-Buddhismus in den Übersetzungen in die neueren Sprachen an. Allerdings hat sich außer dem chinesischen Übersetzer Kumarajiva, dessen Text in dieser Ausgabe zugrundegelegt wird, kein anderer Übersetzer gefunden, der das Lehrgedicht auch in Versform dargeboten hätte.

Die Grundlage der Schrift besteht im dogmatischen Anschluß an die Lehre des Buddha vom Leiden aller Wesen in der Welt und an den von Buddha gewiesenen "Heilsweg", der zur Erlösung vom Leiden führen soll. Das Philosophische der Schrift aber besteht in den originellen Analysen des Nagarjuna, was Leiden überhaupt bedeutet und worin das Ziel des Heilsweges überhaupt bestehen kann. Dazu bietet Nagarjuna eine weit ausgedehnte Gelehrsamkeit auf. Er kennt alle Argumente der brahminischen (hinduistischen) Schulen, ebenso diejenigen seiner buddhistischen Vorgänger und setzt sich mit ihnen auseinander. Der Herausgeber dieser Ausgabe vertritt aber darüber hinaus die begründete These, daß Nagarjuna ersichtlich auch Kenntnisse von der griechischen Philosophie hatte, die ihn zu seinen ungewöhnlichen Argumenten inspirierten.

• | Kapitel kaufen InhaltV
• | Kapitel kaufen VorwortVII
• | Kapitel kaufen Die Lehre von der Mitte1
• | Kapitel kaufen Widmung an den Buddha3
• | Kapitel kaufen 1. Über die Erscheinungen und die vier (aristotelischen) Ursachen5
• | Kapitel kaufen 2. Über das Beispiel des Gehens8
• | Kapitel kaufen 3. Über die Sinne, die sogenannten Wahrnehmungsvermögen und ihren Zusammenhang mit dem Wahrnehmenden13
• | Kapitel kaufen 4. Über die Gestalt als formale Ursache der Körper15
• | Kapitel kaufen 5. Über den Raum und seine angeblichen Merkmale17
• | Kapitel kaufen 6. Über den Leidenden und die Leidenserscheinungen19
• | Kapitel kaufen 7. Über die Merkmale der vier Ursachen der Erscheinungen, insbesondere der Wirkursache21
• | Kapitel kaufen 8. Über den Täter und sein Handeln27
• | Kapitel kaufen 9. Über den Träger der Sinneserfahrung30
• | Kapitel kaufen 10. Das Beispiel des Brennens von Brennstoff33
• | Kapitel kaufen 11. Über Anfang und Ende, Geburt, Leben und Sterben36
• | Kapitel kaufen 12. Über das Leiden38
• | Kapitel kaufen 13. Über die Wesenlosigkeit der Erscheinungen und das Leere40
• | Kapitel kaufen 14. Über die Identität von Wahrnehmung, Wahrnehmbarem und Wahrnehmendem42
• | Kapitel kaufen 15. Über die angebliche Substantialität hinter den Erscheinungen44
• | Kapitel kaufen 16. Über Samsara-Verstrickung und -Befreiung und den Sinn von Nirvana47
• | Kapitel kaufen 17. Über karmatische Tätigkeit und ihre Vergeltung49
• | Kapitel kaufen 18. Über das sogenannte Ich bzw. den Atman und das wahre Merkmal der Erscheinungen55
• | Kapitel kaufen 19. Über die Zeit58
• | Kapitel kaufen 20. Über die vier Ursachen und Wirkungen, insbesondere über die formale Ursache als Begründung für Folgerungen bzw. Ergebnisse60
• | Kapitel kaufen 21. Über Werden und Zerfall und den Zusammenhang von Sein und Zeit65
• | Kapitel kaufen 22. Über den wiederkehrenden und dahingegangenen (ru lai / tathagata) Buddha69
• | Kapitel kaufen 23. Über die sogenannten Täuschungen72
• | Kapitel kaufen 24. Über die vier Prinzipien77
• | Kapitel kaufen 25. Über Nirvana84
• | Kapitel kaufen 26. Über die formalen Ursachen der Wiedergeburt88
• | Kapitel kaufen 27. Über die falschen Ansichten vom Ich (wo / atman)90
• | Kapitel kaufen Kommentar97
• | Kapitel kaufen Bibliographie171
• | Kapitel kaufen Namenregister189
• | Kapitel kaufen Sachregister192

Es ist nun das große Verdienst Lutz Geldsetzers und des Felix Meiner Verlages, dieses zentrale Werk in einer vollständigen deutschen Übersetzung vorzulegen, in dem zugleich die Wahrscheinlichkeit dargelegt wird, dass sich Nagarjuna bei seinen vier Ursachen auf Aristoteles bezieht. Parallel zum chinesischen Text übersetzt Geldsetzer diesen zentralen Text des Großen Fahrzeugs und erörtert im Vorwort und im ausführlichen Kommentar insbesondere seine These von der Bezugnahme auf Aristoteles. Das Büchlein eignet sich nicht nur als anregende Lektüre für den philosophisch interessierten, sondern es wird hoffentlich auch die weitere Beschäftigung mit der buddhistischen Philosophie im deutschen Sprachraum anregen.
Helwig Schmidt-Glinzer im Fachbuchjournal 2/2010