Philosophische Konzepte sind keine Einheiten, die für sich stehen und Satz für Satz entwickelt werden können, sondern sie beruhen auf Prinzipien, die ihrer äußeren Form zugrunde liegen. Hegel hat sie in der 'freien Tat' verortet, in der philosophisches Denken sich selbst begründet. Alte und neue, aber auch miteinander konkurrierende philosophische Ansätze stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern verweisen auf ihr genetisches Prinzip, das darauf angelegt ist, statt in absoluter Reinheit in einer Vielfalt unterschiedlicher Realisierungsgestalten zur Erscheinung zu kommen.
Die Annäherung an die Welt der antiken Philosophie wird in diesem Werk also über die 'freie Tat' des Gedankens und die in ihr begründeten Regeln gesucht. Reckermann belegt, daß diese Regeln dem Aufbau des 'Reichs' begrifflicher Formen zugrunde liegen und es ermöglichen, die Wirklichkeit als Zusammenhang differenzierter Ordnung zu denken. In der Bewegung ihrer Selbstkonstitution bestimmt die Philosophie aber nicht nur, was in Wahrheit ist, sondern auch ihr Verhältnis zur Welt des Handelns und zeigt so auf, wie sich die Frage nach der besten Form des Lebens mit der nach dem 'Anfang aller Dinge' verbindet.
Um diese Selbstkonstitution eines genuin philosophischen Wirklichkeitsverständnisses nachvollziehbar zu machen, stützt sich Reckermann durchgängig auf die beigefügten Auszüge aus Originaltexten, die auch als Verstehenshilfe für eine strukturierte, umfassendere Lektüre dienen können. Die Auswahl der Auszüge erfolgte so, daß sich daraus das prinzipientheoretische Konzept des jeweiligen Autors in seinen Grundzügen und wichtigsten systematischen Konsequenzen erschließen läßt.
Mit Texten von Aetius, Kleanthes, Cicero, Diogenes Laertius, Epiktet, Seneca, Epikur, Lukrez, Eusebius, Sextus Empiricus, Plotin, Paulus, Tertullian, Dion aus Prusa, Clemens Alexandrinus, Augustinus
Reckermanns Werk ist mehr als eine gediegene Darstellung der antiken Philosophie. Der Autor verbindet die historische "Rekonstruktion mit einem lebendigem Interesse. Von doxografischer oder sonstwie beschaffener Vollständigkeit ist er weit entfernt. [...] Reckermann beschreibt in gut fassbarer Diktion die Problemstellungen und Lösungsansätze. Dies macht die Darstellung zunächst einmal zu einem ausgezeichneten Kompendium. Aber der Autor geht, wie gesagt, darüber hinaus. Er beschreitet den weg einer gedanklichen Auseinandersetzung, die direkt in die philosophische Reflexion hineinführt. [...] Die Bände sind typographisch meisterhaft gestaltet." Das Historisch-Politische Buch 4 (2016), Matthias Wolfes 20.12.2016
Als 'Verstehenshilfe' für eine anschließende 'vollständige Lektüre' klassischer Texte will der Autor sein Werk verstanden wissen, als Wegweiser durch abgelegene Gefilde. Man kann das als Understatement auffassen, denn Reckermann hat mit seinem Vademecum, von Felix Meiner mit frischem Erscheinungsbild, Hardcover und Lesebändchen ausgestattet, eine klug komponierte Besinnung auf nichts weniger als die Ursprünge unserer Kultur vorgelegt.
Die ganze Besprechung auf SciencegardenAngesichts einer unerträglichen Trivialisierung philosophischer Themen durch medial aufgebauschte 'Bestseller' sind wir dankbar für jede solide, philologisch orientierte und auf der Basis wissenschaftlicher Forschung erarbeitete Präsentation des Reichtums der philosophischen Tradition, wie sie uns in diesen drei Bänden vorliegt.
Theologische Revue Nr. 5 (2012)