Rudolph Herrmann Lotze wird 1817 in Bautzen geboren. Nach der Gymnasialzeit in Zittau studiert er ab 1834 Philosophie und Naturwissenschaften in Leipzig. Es folgen Habilitationen 1839 in Medizin und 1840 in Philosophie. 1844 tritt er die Nachfolge Herbarts in Göttingen an.
Der Mikrokosmos. Ideen zur Naturgeschichte und Geschichte der Menschheit. Versuch einer Anthropologie (erschienen 1856) versucht einen philosophischen Gesamtentwurf, mit dem Lotze den alten Dualismus zwischen den „Bedürfnissen des Gemüts“ und den „Ergebnissen menschlicher Wissenschaft“ überbrücken will. Dieses Werk macht ihn über seine Fachgrenzen hinaus bekannt und zu einem der meist diskutierten deutschen Philosophen bis zum 1. Weltkrieg. Vielfach als „Philosoph des Übergangs“ betitelt, spiegelt seine Philosophie den Umbruch vom deutschen Idealismus in den historisch-naturwissenschaftlichen Realismus des 19. Jahrhunderts.
Lotzes System der Philosophie erscheint 1874/79 in zwei Teilen zu je drei Büchern. Das Werk hat ausdrücklich nicht-dogmatischen Charakter und verteidigt die unreduzierbare Pluralität verschiedener Prinzipien, Methoden und Weltsichten. Besonders das dritte Buch Vom Erkennen wird zu einem Grundbuch der neukantianischen Tradition und beeinflußt den englischen Neuhegelianismus und amerikanischen Pragmatismus.
1880 folgt Lotze einem Ruf an die Berliner Universität und wird Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Doch bereits im Sommer 1881 stirbt er an einer Lungenentzündung.
Mikrokosmos war eines der meistgelesenen philosophischen Werke in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In drei Bänden 1856, 1858 und 1864 erschienen, enthält es Lotzes systematische Überlegungen zur Metaphysik und Logik, zur Psychologie und zur Ästhetik, ist jedoch in einer Sprache verfasst, die sich keineswegs nur an ein akademisches Publikum richtet. Zu Lotzes 200. Geburtstag liegt es jetzt, mit neuer Einleitung von Nikolay Milkov, wieder vor. mehr dazu