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Praktiken zur Autonomie

Zu Moritz' Über die bildende Nachahmung des Schönen


Back to issue: Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft Band 63. Heft 2
DOI: https://doi.org/10.28937/1000108210
EUR 16.90


Carolin Rocks
Praktiken zur Autonomie
Zu Moritz’ Über die bildende Nachahmung des Schönen
Karl Philipp Moritz’ Über die bildende Nachahmung des Schönen (1788) gilt als der autonomieästhetischeProgrammtext in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. DerAufsatz stellt diese ästhetikgeschichtliche Klassifikation nicht in Frage, zeigt aber,dass die im Kern unbestreitbar kunstmetaphysische Argumentation über ethischePraktiken begründet wird. Diese Praktiken nehmen in der Arbeit an der Autonomieeinen so entscheidenden Stellenwert ein, dass sich eine heteronomieästhetischeGrundierung der Moritz’schen Kunsttheorie aufweisen lässt. Diese tritt hervor,wenn man den Fokus darauf richtet, wie Ethik und Ästhetik zueinander insVerhältnis gesetzt werden: Moritz verpflichtet die autonome Kunst nicht einfachauf moralische Normen oder soziale Funktionen, modelliert aber den genialenKünstler als Praktiker, als ›Hand-Werker‹, dessen künstlerische Produktivität immerschon einem ›guten Leben‹ zuarbeitet. Der Aufsatz demonstriert, wie Moritz ineinem eigenwilligen Begriffsspiel mit dem Schönen und dem Guten ›Nachahmung‹neu entwirft als auf Moralität zusteuernde ästhetische Praxis. Diese praxeologischeGrundlage der Argumentation wirft zusätzlich ein neues Licht auf Moritz’ Rezeptionneuplatonistischer Philosopheme.

Karl Philipp Moritz’s »Über die bildende Nachahmung des Schönen« (1788) is regarded asone of the key texts of autonomous aesthetics from the late 18th century. This article doesnot challenge this classification. Instead, it argues that Moritz’s metaphysics of art is foundedupon ethical practices. These practices are so essential to his conception, that one can show thatit is also based on heteronomous aesthetics. This aspect of his argument emerges from how herelates ethics to aesthetics. Moritz does not simply reduce autonomous art to moral norms orsocial functions. Instead he portrays the ingenious artist as an artisan (›Hand-Werker‹) whoseaesthetic productivity serves a ›good life‹. This article therefore demonstrates how Moritz playswith the concepts of the beauty and the good in order to remodel mimesis as an aesthetic practicethat significantly contributes to morality. Finally, by emphasising this praxeological foundationof Moritz’s argument, one can also reconsider his reception of Neo-Platonism.