Für den Kunstkritiker Julius Meier-Graefe (1867-1935) haben Bilder eine ganz eigene Logik, die sich nicht in Sprache übersetzen lässt. Ausgehend von dieser Prämisse denkt Meier-Graefe die Kunstgeschichte als interpiktoriales, sich selbst regulierendes Geflecht und bedient sich zur Vermittlung von Bildern selbst auf gleich zweifache Weise einer bemerkenswerten Bildlichkeit – sei es qua Plädoyer für oder Einsatz von Reproduktionen, sei es qua einer der ikonischen entsprechen- den somatischen Deixis: Indem er sich selbst in seiner physischen Reaktion auf ein Werk(erlebnis) Tableauartig in Szene setzt, kehrt er die Wirksamkeit von Bildgefügen hervor, macht sie visuell nachvollziehbar und aktualisiert deren Potential. Diesen Vorstellungen und Vorgehensweisen liegt, so die These des Beitrags, die Erfahrung musealer Präsentation und Rezeption zugrunde. Entwickelt wird eine »praktische Ästhetik«, die auch für aktuelle Interpiktorialitätsdebatten diskussionswürdige Ansätze bereithält.
In the opinion of the art critic Julius Meier-Graefe (1867-1935), pictures have a specific logic which is impossible to translate into spoken language. Given this premise, Meier-Graefe develops a specific theory of how art history constructs itself as an interpictorial, self-regulated reference system. Furthermore, in order to convey works of art, he operates with pictures and images in a remarkable way: on the one hand, he makes specific use of reproductions, on the other hand, he communicates via body language that parallels the iconic deixis: By describing and presenting himself in his texts in the physical act of perception and/or reception, he turns himself into a tableau and makes the effect as well as the potential of the artwork visible. The basis of these ideas and methods seems to be the modern experience of museum presentation and reception. Meier-Graefe develops a kind of “practical aesthetic” which can enrich the current debates on interpictoriality.
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- | Kapitel kaufen Gunnar Hindrichs: Die Autonomie des Klangs – Eine Philosophie der Musik, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2014. 272 S. und Christian Grüny: Kunst des Übergangs – Philosophische Konstellationen zur Musik, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2014 (Richard Klein)151
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