Im Würgegriff der Kirche

Die theologischen Fakultäten Deutschlands sind ein Kuriosum, das aus der mittelalterlichen Universität zufällig übriggeblieben ist. Ihre Existenz gründet auf Verträgen zwischen Staat und Kirche. Was soll aber in der Zukunft mit ihnen geschehen, wenn sie sich gegen die Forderung reiner Wissenschaft streng an das Bekenntnis der Kirche binden, deren ideologische Grundlage längst brüchig geworden ist? Hier ist eine gründliche Abhilfe vonnöten.
Lüdemann plädiert für eine sofortige Auflösung der herkömmlichen theologischen Fakultäten und für deren Ersetzung durch einen Fachbereich, an dem die christlichen Konfessionen und andere Religionen unabhängig von jeder Bevormundung erforscht werden können.
Im ersten Teil dieses Buches begründet Lüdemann die Forderung nach einer Abschaffung der konfessionellen, den christlichen Kirchen dienenden Fakultäten an den deutschen Universitäten und enfaltet Struktur, Aufbau und Funktion neuer theologischer Fachbereiche, die sich – bekenntnisneutral und allein der Wissenschaft verpflichtet – dem Studium aller Religionen widmen. Dieser Vorschlag beruht zum einen auf der faktisch bereits praktizierten religionswissenschaftlichen Arbeitsweise an den existierenden Fakultäten und zum anderen auf der notwendigen Entflechtung von Kirche und Staat auf den deutschen Universitäten. Diese sollten nicht länger als Tummelplätze konkurrierender Offenbarungsansprüche und Erkenntnisprivilegien missbraucht werden, sondern auch in der Theologie Orte wissenschaftlicher Forschung sein, die dem Ideal der Objektivität verpflichtet sind.
Im zweiten Teil nimmt Lüdemann das Aufkommen der historisch-kritischen Betrachtungsweise in den Blick, deren Weiterführung in der Religionsgeschichtlichen Schule paradigmatische Bedeutung für das Studium von Religionen haben kann.
Ein biographisch orientierter Kommentar zum Niedergang von Kirche und akademischer Theologie in Deutschland in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg schließt sich an. Dies mündet in die Forderung, nicht zu resignieren, sondern den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit in der neueren Theologie beim Worte zu nehmen und durchgreifende Reformen einzuleiten. Denn nur auf diesem Weg kann auch im dritten Jahrtausend die Erforschung der christlichen und anderer Religionen an der deutschen Universität fest verankert bleiben.

• | Kapitel kaufen CoverCover
• | Kapitel kaufen Titel3
• | Kapitel kaufen Impressum4
• | Kapitel kaufen Inhalt5
• | Kapitel kaufen Vorwort7
• | Kapitel kaufen I Theologie als Wissenschaft?10
• | Kapitel kaufen Einführung10
• | Kapitel kaufen Konfessionelle Theologie16
• | Kapitel kaufen Klerikale Theologie19
• | Kapitel kaufen Die gegenwärtige Lage und ihre Vorgeschichte im 19. Jahrhundert19
• | Kapitel kaufen Bisherige Einwände und ein vorläufiges Fazit20
• | Kapitel kaufen Die mißliche Lage der Gegenwart: Drei Beispiele22
• | Kapitel kaufen Ein Rückblick zur Einführung des Klerikalismus in die Bibelauslegung: Das Beispiel Rudolf Bultmann24
• | Kapitel kaufen Wissenschaftliche Theologie36
• | Kapitel kaufen Die Theologie und die Bibel als Wort Gottes36
• | Kapitel kaufen Die Theologie und der Wahrheitsanspruch der christlichen Rede von Gott39
• | Kapitel kaufen Die Theologie als wissenschaftliche Disziplin53
• | Kapitel kaufen Eine Klarstellung: Die möglichen persönlichen Konsequenzen für den Theologen55
• | Kapitel kaufen II Das Wissenschaftsverständnis der Religionsgeschichtlichen Schule57
• | Kapitel kaufen Vorläufige Orientierung57
• | Kapitel kaufen Historische Einführung58
• | Kapitel kaufen Die exegetischen Prinzipien der Religionsgeschichtlichen Schule60
• | Kapitel kaufen Der radikal-historische Ansatz60
• | Kapitel kaufen Der Religionsvergleich61
• | Kapitel kaufen Die soziologische Fragestellung63
• | Kapitel kaufen Die psychologische Fragestellung64
• | Kapitel kaufen Die Religionsgeschichtliche Schule und die ethische Verkündigung Jesu67
• | Kapitel kaufen Schale und Kern in der Verkündigung Jesu67
• | Kapitel kaufen Adolf Harnacks »Wesen des Christentums« als Vorbild67
• | Kapitel kaufen Johannes Weiß als Beispiel68
• | Kapitel kaufen Der bleibende Ertrag69
• | Kapitel kaufen Die Religionsgeschichtliche Schule und die liberale Theologie69
• | Kapitel kaufen Die Tiefendimension von Religion als Teil der Exegese69
• | Kapitel kaufen Der Streit um die Einrichtung religionsgeschichtlicher Lehrstühle70
• | Kapitel kaufen Ertrag72
• | Kapitel kaufen III Theologie in Göttingen76
• | Kapitel kaufen Ein persönlicher Rückblick76
• | Kapitel kaufen Der Anfang als Professor in Göttingen76
• | Kapitel kaufen Beginnende Klerikalisierung: Jeder vierte Theologieprofessor läßt sich nachträglich ordinieren78
• | Kapitel kaufen Zunehmende Klerikalisierung: Das Göttinger Gutachten von 199180
• | Kapitel kaufen Ein Höhepunkt der Klerikalisierung: Die Wiedereinführung der Gieselerschen Formel86
• | Kapitel kaufen Zur Geschichte der Universität Göttingen und ihrer theologischen Fakultät87
• | Kapitel kaufen Die Anfänge87
• | Kapitel kaufen Das Revolutionsjahr 1848 und die Gieselersche Formel88
• | Kapitel kaufen Die Geschichte der Göttinger theologischen Fakultät und die Gegenwart90
• | Kapitel kaufen Eine persönliche Zwischenbilanz90
• | Kapitel kaufen Klerikalisierung und kein Ende: Die Aufforderung an mich, die Fakultät freiwillig zu verlassen94
• | Kapitel kaufen Nachwort99
• | Kapitel kaufen Anhang I: Der Althistoriker Theodor Mommsen (1817-1903) über Universitätsunterricht und Konfession103
• | Kapitel kaufen Anhang II: Der Kirchenrechtler Martin Heckel zu Theologie als Wissenschaft110
• | Kapitel kaufen Anmerkungen114

»Ein spannend geschriebenes, in seinen politischen Dimensionen überaus wichtiges Buch.«
MIZ
»Ein Manifest für die Freiheit der theologischen Arbeit. Lebendig und anschaulich geschriebene Streitschrift.«
Theologische Zeitschrift Basel, 1/2000