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Historisches und kritisches Wörterbuch. Eine Auswahl.


Philosophische Bibliothek 542. 2011. Übersetzt und herausgegeben von Günter Gawlick und Lothar Kreimendahl. LXXXII, 720 Seiten.
978-3-7873-2167-4. Kartoniert
EUR 48.00


Das 1697 in erster Auflage erschienene "Dictionnaire historique et critique" von Pierre Bayle ist als die "Bibel der Aufklärung" bezeichnet worden. Seine immense Bedeutung für das ausgehende 17. und das darauffolgende "Jahrhundert der Aufklärung" ist immer wieder auch von prominenter Seite bezeugt worden.


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Dieses für die europäische Aufklärung und Ideengeschichte zentrale Werk, das 1740 bereits in 8.Auflage in vier voluminösen Foliobänden vorlag, führte in der deutschen Aufklärungsforschung ein Schattendasein. Das lag in erster Linie daran, daß bislang keine erschwingliche Ausgabe auf dem Buchmarkt greifbar war. Die Attraktion, die Bayles Wörterbuch auf die zeitgenössischen Leser ausübte, beruht in erster Linie auf dem skeptischen Geist, der das ganze Werk durchzieht. Bayle unterzieht Philosophie und Theologie, aber auch alle anderen Disziplinen hinsichtlich ihrer Methoden, Gegenstände und Ergebnisse einer kritischen Revision. Dieser aus dem Wörterbuch sprechende Geist einer nüchternen Rationalität traf den Geist und das Lebensgefühl des 18.Jahrhunderts, das sich nach Kants Worten nur dem verpflichtet fühlte, was vor dem "Richterstuhl der Vernunft" legitimiert worden war.

Bayle steht am Anfang dieser Entwicklung und pocht unbeirrbar auf die Rechte der Vernunft, die sich für ihn in einer vorurteilsfreien Prüfung des überlieferten Wissenstandes manifestieren. Ein Resultat dieses Ansatzes ist die Forderung von Toleranz. Aus den mehr als 2000 Artikeln des Wörterbuchs sind die philosophisch bedeutendsten Artikel (gut 30 an der Zahl) ausgewählt und übersetzt worden. Dabei ist das Wort "philosophisch" in einem weiteren Sinne zu verstehen als heute üblich. Bayle faßt darunter den Gesamtbereich des rationalen Wissens.

Deshalb fällt dieses Wörterbuch nicht, wie der Titel nahelegen könnte, bloß in den Bereich der Geschichte oder der Philosophie im engeren Sinne, sondern umfaßt die heute sogenannten Geisteswissenschaften in toto. Bayles Wörterbuch ist somit unserem heutigen Sprachgebrauch nach interdisziplinär angelegt und auch für die geisteswissenschaftlichen Fächer neben Philosophie und Geschichte von immenser Bedeutung.
Dass nun die wichtigen Artikel seines Wörterbuchs in neuer Übersetzung und einer klugen Auswahl vorliegen, ist ein Ereignis für die Aufklärungsforschung.
Aus einem Brief von Prof. Dr. Gerhard Sauder

... eine ausgezeichnete Vorschule für künftige Bayle-Leser und der seit langem in Deutschland ausgebliebene Hinweis auf die überragende Bedeutung dieses Autors.
Frankfurter Allgemeine am 7. Mai 2003

Und in der Tat findet man (heute kaum noch anstößige) sexualisierte Anekdoten, die Bayle - wie andere Anekdoten auch - in seine Darstellung eingebaut hat. Nach Auskunft der Herausgeber dienten sie der Unterhaltung und sollten den Absatz des aufklärerischen 'Wörterbuches' steigern (S. XXII). Beides ist auch dem Leser der deutschen Auswahlübersetzung (nicht nur wegen der Anekdoten) sowie Verlag und Herausgebern für eine vorzüglich gearbeitete Studienausgabe zu wünschen.
Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 6/2004

[…] auch der Bestseller der Frühaufklärung, Bayles mehrbändiges, immer wieder erweitertes und nach seinem Tod unentwegt neu aufgelegtes 'Dictionnaire historique et critique' enthält die bis heute komplexeste Theorie der Toleranz.
Otto Kallscheuer (DIE ZEIT)

Das Werk ist unvergleichlich: Hier trägt ein Mensch das Wissen seiner Zeit in pointierten Darstellungen zusammen.
Rainer Forst (DIE ZEIT)

Die Herausgeber haben ihr Ziel, eine im akademischen Unterricht brauchbare Auswahl zuverlässig übersetzter Artikel aus dem 'Dictionnaire' zu schaffen, erreicht. Ein repräsentatives Bild des Gesamtwerks zu geben, mussten sie notwendig verfehlen. Dafür wäre ein weniger philosophiegeschichtlich, eher (um einmal einen Begriff aus der Entstehungszeit zu benutzen:) 'curiös' interessierter Zugang notwendig gewesen. Nichtsdestoweniger gebührt den Herausgebern und dem Verlag der Verdienst, die Aufmerksamkeit wieder mit Nachdruck auf ein Hauptwerk der europäischen Frühaufklärung gelenkt zu haben.
www.literaturkritik.de